Full text: Niederschrift über die 1. bis 7. Sitzung vom 12. Februar 1949 bis 5. Dezember 1951

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reform verdoppelt hat und nunmehr auf ca 80 Milliarden ge 
schätzt wird, ist auch in der letzten Zeit nicht zurückge 
gangen, aber die große Weltpolitik macht uns grössere Sorgen 
als je seit dem Zusammenbruch. Der bittere Ernst der gegenwär 
tigen Weltlage ist es, der alles überschattet und von dieser 
Weltlage können wir uns in unserer Bundesrepublik nicht los 
reissen oder unabhängig machen. Die Erfahrungen, die wir allein 
in diesen letzten 6 Monaten bis in den letzten und kleinsten 
Haushalt hinein machen mussten, beweisen uns ganz klar, daß sich 
jede Veränderung der großen Weltpolitik sofort auch in unserer 
eigenen Wirtschaft unabänderlich und unaufhaltbar auswirkt. 
Die von den Staatsmännern des zweiten Weltkrieges leider 
nicht vorausgesehene große Auseinandersetzung zwischen Ost und 
West hat den seit Jahren auf wirtschaftlichem und diplomatischem 
Gebiet mit Hartnäckigkeit und Hinterlist geführten kalten Krieg 
in einen blutigen ausarten lassen, wenigstens für einen der bei 
den großen Partner, während der andere Teil sich bis jetzt damit 
begnügte, seine Bundesgenossen für ihn kämpfen zu lassen und mit 
Waffen zu beliefern. 
Nach wechselndem Kriegsglück ist in Korea gerade in den 
letzten'Tagen die Lage der UNO-Truppen derart prekär geworden, 
daß wir die Rettung des Weltfriedens nur noch in einem mageren 
Vergleich oder Kompromiß erblicken können. Der Kampf gegen das 
chinesische Riesenreich würde die Kräfte auch des sonst so rei 
chen Landes Amerika, das über 10 000 km von der Operationsbasis 
entfernt ist, derart in Anspruch nehmen, dass es für seine welt 
politische Hauptaufgabe, nämlich des Schutzes des Abendlandes, 
wohl kaum etwas übrig hätte. Rohstoff- und Lebensmittelmangel 
und rapide-ansteigende Preise waren die ersten Folgen der Aus 
weitung des ostasiatischen Krieges und doch wünscht sich unsere 
Bevölkerung nicht, dass der amerikanische Präsident seine Drohung 
mit der Anwendung der Atombombe wahrmacht, denn die Gefahr, daß 
sich an der ersten Bombe der allgemeine Weltbrand entzünden würde, 
ist riesengroß. 
Trotz der gegenwärtigen unheilschwangeren außenpolitischen 
Lage dürfen wir die Hoffnung auf die Rettung des Weltfriedens 
nicht aufgeben. Diese Hoffnung ist mit darin begründet, daß Ruß 
land, das seinen machtpolitischen Einfluß innerhalb von wenigen 
Jahren auf soviel Länder ausdehnen konnte, ohne einen Blutstropfen 
zu opfern, den gigantisch blutigen Kampf nicht nur mit Westeuropa 
allein, sondern mit dem wichtigsten und reichsten Land, der USA, 
und der übrigen WeltTwagen und seine heutige Stellung in der Welt 
und damit auch sein ganzes politisches System riskieren würde. 
Diese Angst Russlands , die letzte Schlacht zu verlieren, ist unser 
bester und wohl auch einziger Schutz. 
Die Existenz unseres Volkes aber hängt davon ab, aaß wir im 
Ernstfall auch die erste Schlacht gewinnen und den Gegner von 
unserem heute noch teilweise in Trümmer liegenden Vaterlande ab 
halten. Aus diesem Gedanken heraus müssen wir auch die beiden 
wichtigsten staatspolitischen Fragen betrachten, die gegenwärtig 
bei jedem von uns zur Entscheidung heranstehen:
	        
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