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reform verdoppelt hat und nunmehr auf ca 80 Milliarden ge
schätzt wird, ist auch in der letzten Zeit nicht zurückge
gangen, aber die große Weltpolitik macht uns grössere Sorgen
als je seit dem Zusammenbruch. Der bittere Ernst der gegenwär
tigen Weltlage ist es, der alles überschattet und von dieser
Weltlage können wir uns in unserer Bundesrepublik nicht los
reissen oder unabhängig machen. Die Erfahrungen, die wir allein
in diesen letzten 6 Monaten bis in den letzten und kleinsten
Haushalt hinein machen mussten, beweisen uns ganz klar, daß sich
jede Veränderung der großen Weltpolitik sofort auch in unserer
eigenen Wirtschaft unabänderlich und unaufhaltbar auswirkt.
Die von den Staatsmännern des zweiten Weltkrieges leider
nicht vorausgesehene große Auseinandersetzung zwischen Ost und
West hat den seit Jahren auf wirtschaftlichem und diplomatischem
Gebiet mit Hartnäckigkeit und Hinterlist geführten kalten Krieg
in einen blutigen ausarten lassen, wenigstens für einen der bei
den großen Partner, während der andere Teil sich bis jetzt damit
begnügte, seine Bundesgenossen für ihn kämpfen zu lassen und mit
Waffen zu beliefern.
Nach wechselndem Kriegsglück ist in Korea gerade in den
letzten'Tagen die Lage der UNO-Truppen derart prekär geworden,
daß wir die Rettung des Weltfriedens nur noch in einem mageren
Vergleich oder Kompromiß erblicken können. Der Kampf gegen das
chinesische Riesenreich würde die Kräfte auch des sonst so rei
chen Landes Amerika, das über 10 000 km von der Operationsbasis
entfernt ist, derart in Anspruch nehmen, dass es für seine welt
politische Hauptaufgabe, nämlich des Schutzes des Abendlandes,
wohl kaum etwas übrig hätte. Rohstoff- und Lebensmittelmangel
und rapide-ansteigende Preise waren die ersten Folgen der Aus
weitung des ostasiatischen Krieges und doch wünscht sich unsere
Bevölkerung nicht, dass der amerikanische Präsident seine Drohung
mit der Anwendung der Atombombe wahrmacht, denn die Gefahr, daß
sich an der ersten Bombe der allgemeine Weltbrand entzünden würde,
ist riesengroß.
Trotz der gegenwärtigen unheilschwangeren außenpolitischen
Lage dürfen wir die Hoffnung auf die Rettung des Weltfriedens
nicht aufgeben. Diese Hoffnung ist mit darin begründet, daß Ruß
land, das seinen machtpolitischen Einfluß innerhalb von wenigen
Jahren auf soviel Länder ausdehnen konnte, ohne einen Blutstropfen
zu opfern, den gigantisch blutigen Kampf nicht nur mit Westeuropa
allein, sondern mit dem wichtigsten und reichsten Land, der USA,
und der übrigen WeltTwagen und seine heutige Stellung in der Welt
und damit auch sein ganzes politisches System riskieren würde.
Diese Angst Russlands , die letzte Schlacht zu verlieren, ist unser
bester und wohl auch einziger Schutz.
Die Existenz unseres Volkes aber hängt davon ab, aaß wir im
Ernstfall auch die erste Schlacht gewinnen und den Gegner von
unserem heute noch teilweise in Trümmer liegenden Vaterlande ab
halten. Aus diesem Gedanken heraus müssen wir auch die beiden
wichtigsten staatspolitischen Fragen betrachten, die gegenwärtig
bei jedem von uns zur Entscheidung heranstehen: